Sitzprobe Kia EV6: Willkommen in der Zukunft
Dass Kia längst nicht mehr durchschnittliche Autos zum Spartarif baut, dürfte sich bei den meisten Neuwagen-Interessenten inzwischen herumgesprochen haben. Doch mit dem EV6 (Basispreise zwischen 44.990 und 65.990 Euro) wagen die Koreaner erneut einen Sprung. Das auf einer frisch entwickelten Konzernplattform für Elektroautos basierende Mittelklasse-Crossover macht die 800 Volt-Technologie breitentauglich, die bisher lediglich teuren Oberklassemodellen wie Audi E-Tron GT oder Porsche Taycan vergönnt ist. Der Hersteller verspricht, den Akku unter hoher Ladeleistung binnen 18 Minuten von zehn auf 80 Prozent bringen zu können.
Eine Vielzahl an Akku-, Antriebs- und Leistungs-Varianten soll den Kunden eine üppige Auswahl bescheren: Den Einstand bildet die Version mit 58 kWh, Hinterradantrieb sowie 125 kW / 169 PS. Etwas mehr Punch gibt es mit dem 77 kWh-Akku, der mit Hinterradantrieb 168 kW / 229 PS sowie 510 Kilometer WLTP-Reichweite bietet. Wer Allradantrieb bevorzugt, bekommt in Verbindung mit dem 58 kWh-Akku 173 kW / 235 PS und zusammen mit der 77 kWh-Batterie 239 kW / 325 PS. Letztere Ausgabe mutet mit einem Standard-Sprint von 5,2 Sekunden bis 100 km/h recht sportlich an. Doch die Krönung ist der 430 kW / 585 PS starke GT, der binnen 3,5 Sekunden 100 km/h erreicht und bis zu 260 km/h schnell wird.
Optische Neuerungen
Äußerlich gibt sich der jüngst vorgestellte Kia zwar als Mitglied der Markenfamilie zu erkennen, weist aber so manche Neuerung auf. Weil beim batterieelektrischen Fahrzeug weniger Kühlleistung benötigt wird, kann die Front flacher gestaltet werden, braucht nicht mehr solch große Öffnungen für die einströmende Luft. Die so genannte „Tigernase“ wird digital und demnach Teil des dynamischen Tagfahrlichts. Apropos Licht: Ein kleiner Spot im Bereich der C-Säule sorgt bei Dunkelheit für Aufhellung – womöglich ein nettes Design-Gimmick, vor denen der EV6 geradezu strotzt. So korrespondiert die Linienführung des grazilen LED-Heckleuchtenbandes mit jener der Schweller. Eine abfallende Dachlinie prägt die Seitenlinie der 4,70 Meter langen Mittelklasse. Dieser Eindruck mag nicht zuletzt dem üppigen Radstand von 2,90 Metern geschuldet sein. Und der wiederum ist die Folge des bei batterieelektrisch angetriebenen Fahrzeugen guten Packagings.
Eine erste Sitzprobe in der zweiten Reihe des EV6 zeigt, dass hinten jedenfalls keine Platznot aufkommen wird – selbst groß gewachsene Personen werden ihre Knie zu sortieren wissen, ohne an die Vordersitzlehnen zu stoßen. Doch es zieht uns nach vorn, weil man dort besser das neue Infotainment und die interessant gestaltete Architektur des Kia erleben kann.
Auf zwei großen Screens kommuniziert der Koreaner eine Fülle von Informationen, wie auch immer geartete Rundinstrumente gehören der Vergangenheit an. Ein praktisches Goody ist die mehrfach belegte Tastenleiste unterhalb der mittleren Lüftungsdüsen – technisch sozusagen ein kleiner Touchscreen zwecks direkter Steuerung alltäglicher Dinge wie dem Justieren der Klimaanlage, ohne in die Tiefen diverser Menüs vordringen zu müssen. Eine schicke „schwebende“ Mittelkonsole beherbergt nicht nur Ablageflächen, sondern überdies zahlreiche USB-Anschlüsse.
Weitere Hightech-Features wie ein Head-up-Display mit Augmented-Reality-Elementen, ein Ausstiegsassistent, der vor herannahenden Radfahrern warnt sowie ferngesteuertes Parken runden das Angebot ab. Dass der neue Kia EV6 ebenso über bi-direktionales Laden verfügt – er kann also auch Strom über den Ladeanschluss wieder abgeben – passt ins Bild. Hier kann das E-Bike genauso geladen wie ein Toaster beim Picknick betrieben werden. Auch eine Wärmepumpe ist an Bord, dank deren Hilfe – so verspricht der Hersteller – selbst bei Außentemperaturen von minus sieben Grad immer noch 80 Prozent der Akkukapazität für den Antrieb zur Verfügung steht. Die Auslieferung des EV6 beginnt kommenden Herbst. Für das Topmodell GT muss sich der Interessent noch ein paar weitere Monate in Geduld üben.