Praxistest Kia Sorento PHEV: Lounge-Erlebnis mit Umweltabzeichen
Nach Diesel und Hybrid-Benziner fährt Kias SUV-Flaggschiff nun auch mit Plug-in-Hybrid-Antrieb, der den gewichtigen Brocken zum säuselnden Riesen mit Umweltabzeichen werden lässt. Die elektrische Reichweite des 265 PS (195 kW) starken Topmodells ist zwar deutlich vor den angegebenen 57 Kilometern entfernt, doch auch als Hybridfahrzeug lässt sich der Zweitonner durchaus sparsam bewegen. Dazu gibt es ein hochwertiges Interieur plus luxuriöser Ausstattung, die sich sogar unter hochpreisigen Wettbewerbern sehen lassen kann – inklusive einer Funktion, auf die sämtliche Premium-Platzhirsche bis heute nicht gekommen sind.
Gemeint ist die Taste „Driver Only“ neben dem Temperatur-Kippschalter, die auf Wunsch das Gebläse auf der Beifahrerseite abstellt und damit auch das Gemaule zugempfindlicher Zeitgenossen von rechts – was neben dem sensorischen den kommunikativen Komfort an Bord enorm steigert. Überhaupt ist Wohlfühlatmosphäre das Aushängeschild der nunmehr vierten Generation des Kia-Flaggschiffs. Die Materialien hinterlassen einen hochwertigen und sauber verarbeiteten Eindruck, auch wenn das Interieur mit seinen vielen Tasten, Knöpfen und Reglern zunächst etwas überladen scheint. Bei genauerem Hinsehen jedoch sortiert sich alles intuitiv am richtigen Ort.
Vor allem der große flache Drehregler für die Fahrstufenwahl wächst schnell an die Hand. Vorne thront man auf dick gepolsterten, beheiz- und belüftbaren, Nappa-Ledersesseln (Ausstattung Platinum). Letzteres gilt auch für die variabel verschiebbaren Rücksitze, die mit üppiger Kopf- und Kniefreiheit punkten. Und trotz Elektroantrieb und zusätzlichem Akku bleiben dem 4,81 Meter langen Sorento Plug-in-Hybrid dank neuer SUV-Plattform dahinter immer noch 898 Liter Gepäckraum, der sich durch asymmetrisches Umklappen der der Lehnen auf maximal 2100 Liter erweitern lässt.
Dazu verwöhnte unser in Snow White Pearl (920 Euro) lackierte Testwagen neben einer Armada an Assistenzsystemen und Komfort-Features wie Head-up-Display, elektrischer Heckklappe und Bose Surround-Sound-System mit vielen cleveren Ideen. Allen voran dem aktiven Totwinkelassistent mit Monitoranzeige, der beim Blinkersetzen ein Kamerabild des rückwärtigen Verkehrs links wie rechts im Instrumentendisplay anzeigt. Auch der navigationsgestützte Abstandstempomat ist sinnvoll, der vor Tempolimits oder kniffligen Kurven automatisch runterbremst. Und selbst ein Rangierassistent, der den weißen Riesen selbsttätig per Funkschlüsselbedienung in die Garage bugsiert, ist in der Topausstattung Platinum ab Werk an Bord.
Unterstützt wird das Lounge-Erlebnis durch den Plug-in-Hybrid-Antrieb, wenn dessen knapp 67 kW starker Elektromotor den zwei Tonnen schweren Trumm scheinbar lautlos in Bewegung versetzt – selbstverständlich nur, wenn die 13,8-kWh-Lithium-Ionen-Batterie genügend Saft hat. Die macht nämlich leider schneller schlapp, als einem recht sein kann. Die offiziellen 57 Kilometer WLTP-Reichweite waren bei unseren Testfahrten jedenfalls meistens schon nach gut 40 Kilometern aufgezehrt. Dann wirft sich ein 1,6-Liter-Vierzylinder-Turbobenziner mit 180 PS ins Zeug, der bei gleichmäßiger Fahrt unaufgeregt vor sich hin schnurrt, bei Anstrengung aber deutlich hörbar wird.
Eine Recharge- oder Save-Funktion, um die Batterie während der Fahrt wieder aufzufüllen, gibt es nicht. Dennoch lässt sich der Teilzeitstromer als Hybrid auf der Langstrecke im Segelbetrieb und im urbanen Stop-and-Go durch fleißiges Rekuperieren sehr effizient bewegen. Den märchenhaften WLTP-Wert von 1,6 Liter erreicht man selbst auf den ersten 100 Kilometern nicht, wenn die aufgeladenen Akkus die Bilanz schön rechnen. Doch 6,8 Liter im Schnitt nach zwei Wochen kilometerreicher Testfahrten können sich für ein SUV dieses Formats sehen lassen.
Dabei ist das serienmäßig allradgetriebene Topmodell der Baureihe auch durchaus flott unterwegs. Beim beherzten Tritt aus Pedal erreicht er nach 8,7 Sekunden Tempo 100 und ist damit ebenso schnell wie die 200 Kilogramm leichtere Vollhybridvariante mit Frontantrieb. Doch die sportliche Raserei ist schon aus Effizienzgründen nicht die Spezialität des gewichtigen Koreaners, auch wenn die mittige Position der Batterie, die wie ein Sattel über der Kardanwelle liegt, für einen tiefen Schwerpunkt mit guter Gewichtsverteilung sorgt und damit nicht zuletzt für den stabilen Lauf und das agile Handling. Hier macht sich der Wechsel auf Kias neue SUV-Plattform, die die Rückmeldung der Lenkung vor allem in Kurven verbessert und die Vibrationen des Fahrwerks reduziert, bezahlt. Auch die versteifte Karosserie bringt spürbar mehr Ruhe ins Auto.
Topmodelle gibt es selbstverständlich nur zum Top-Preis. Der startet bei der Plug-in-Hybrid-Variante des Sorento aktuell ab 54.940 Euro in der Ausstattung Vision, immerhin schon unter anderem mit Voll-LED-Scheinwerfer, Navigationssystem mit 10,25-Zoll-Bildschirm, Autobahnassistent und 19-Zoll-leichtmetallfelgen. Wer Head-up-Display, belüftete Nappa-Ledersitze, Bose-Surround-Soundsystem, Rundumsichtkamera und 20-Zöller möchte, muss für die Platinum-Ausstattung schon 62.940 Euro auf den Tisch legen – abzüglich der 5625 Euro Förderprämie, die es in diesem Jahr noch geben wird. (aum/fw)
Daten Kia Sorento 1.6 T-GDI Plug-in-Hybrid
Länge x Breite x Höhe (m): 4,81 x 1,90 x 1,70
Radstand (m): 2,82
Antrieb: R4-Benziner, 1598 ccm, Allradantrieb, 6-Stufen-Automatik
Leistung: 180 PS / 132 kW bei 5500/min
Max. Drehmoment: 265 Nm bei 1500 – 4500/min
Elektro-Motor: 66,9 kW / 91 PS
Drehmoment E-Motor: 304 Nm bei 0-2100/min
Batterie: Lithium-Ionen-Polymer, 13,8 kWh
Systemleistung: 195 kW / 265 PS
Elektr. Normreichweite (WLTP): 48 km
Höchstgeschwindigkeit: 193 km/h
Höchstgeschwindigkeit EV: 140 km/h
Beschleunigung 0 auf 100 km/h: 8,7 Sek.
WLTP-Durchschnittsverbrauch: 1,6 Liter
Stromverbrauch, kombiniert: 16,1 kWh
Elektrische Reichweite, kombiniert (WLTP/NEFZ): 57/68
CO2-Emissionen: 36 g/km (Euro 6d)
Effizienzklasse: A+++
Leergewicht / Zuladung: min. 2015 kg / max. 515 kg
Kofferraumvolumen (5-Sitzer): 898–2077 Liter
Anhängelast (12%): 1500 kg
Basispreis: 54.940 Euro
Testwagenpreis: 62.940 Euro (Platinum)